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Die Avatare der Verstorbenen – Bedenken Hoffnungen Patente

Avatare der Verstorbenen
© Anita Neuron / cogniclipstudios.com

Den Geist einer verstorbenen Person kurz vor deren Ableben in ein Computersystem zu übertragen, um ein Weiterleben ohne den biologischen Körper zu ermöglichen, wird als Mind-Upload bezeichnet und ist Science-Fiction! Die einfachere Variante wäre die simple Nachahmung der verstorbenen Person als "Avatar", der in Form einer 2D- oder 3D-Darstellung der Person auf einem Monitor oder Display zu sehen ist und mit dem man, unterstützt durch eine KI, eine Unterhaltung starten kann.

Für die technische Umsetzung dieser Idee interessieren sich im Zeitalter der Digitalisierung wohl immer mehr Menschen und nun auch große Firmen wie Microsoft, die unter der Bezeichnung "Creating a conversational Chat Bot of a specific Person" ein Patent auf eben diese Idee, beziehungsweise auf bestimmte Varianten einer technischen Umsetzung dieser Idee angemeldet und im Dezember 2020 erhalten hat.

So soll der Nutzer dieser Anwendung zu seinen Lebzeiten, anhand von Fotos oder Videos von sich selbst, das Aussehen seines eigenen Avatars gestalten und darüber hinaus in der Rolle eines Lehrers oder "Trainers", eine KI zur Steuerung einer Chat-Funktion, mit Informationen über eigene Verhaltens- und Persönlichkeitsmerkmale "trainieren" können. Nach seinem Tode soll der so "trainierte" Avatar dann während einer Chat-Unterhaltung mit den Hinterbliebenen, das Verhalten und die Persönlichkeit des Verstorbenen möglichst realitätsgetreu widerspiegeln.

Die Idee ist jedoch nicht neu und eine Idee allein ist auch nicht patentierbar, sondern nur die konkrete technische Umsetzung oder ein konkret beschriebenes Verfahren. Oft ist es für den Laien bei Patenten aber nicht so genau erkennbar, welche Teile der darin beschriebenen Verfahren oder Technologien tatsächliche Neuentwicklungen sind und welche bereits zum so genannten "Stand der Technik" gehören, was wohl nur versierte Patentanwälte erkennen.

Viel interessanter ist doch aber eigentlich die Frage nach den gesellschaftlichen Auswirkungen dieser neuen Technologie aus dem Bereich der Digitalisierung. Fotos, Film- und Videoaufnahmen von Verstorbenen zu betrachten, ist heutzutage sicher nichts Außergewöhnliches mehr. Im 19. Jahrhundert oder noch früher, hätte das viele Menschen wohl eher noch gegruselt und bei ihnen das Gefühl erzeugt, Gespenster oder Geister der Verstorbenen zu sehen.

Wenn nun, wie in dem Patent von Microsoft, aber auch schon in früheren Science-Fiction Geschichten beschrieben, ein Avatar des Verstorbenen mit Hilfe von Texteingaben über die Tastatur oder Spracheingaben über ein Mikrofon, Fragen der Betrachter beantworten kann, dann könnte das viele auf ähnliche Weise erschrecken, wie die Menschen im 19. Jahrhundert.

Vielleicht ist es aber gar nicht mal allein die Angst vor Geistern, wie in der Vergangenheit, sondern die Befürchtung, ein zu starkes Trauergefühl zu spüren, wenn die Darstellung des Verstorbenen plötzlich so realitätsnah wirkt. Denkbar wäre aber auch die Angst, auf eine technisch gut gemachte Täuschung hereinzufallen und sich somit betrogen zu fühlen.

Statt einer Angst vor zu viel KI und somit vor einer zu realitätsnahen KI, könnte aber auch der umgekehrte Fall eintreten und man könnte befürchten, zu schnell die Simulation zu erkennen, obwohl man sich doch eigentlich noch etwas länger der Illusion hingeben wollte, tatsächlich mit der verstorbenen Person zu kommunizieren.

Wie gut es einer Firma, die eine solche Technologie etablieren möchte, nun gelingt, solche angstauslösenden Gefühle zu vermeiden, hängt im Wesentlichen davon ab, wie genau und transparent sie erklären kann, wie die KI funktioniert.

Es müsste schon detailliert dargestellt werden, etwa in einer umfangreichen Tabelle oder Liste, welche Verbindungen und Relationen zwischen einzelnen Profilinformationen und möglichen Fragen bestehen, die später einmal von den Chat-Partnern gefragt werden könnten und die während des "Trainings" vorher festgelegt wurden, damit später auch nachvollziehbar ist, warum diese oder jene Frage auf die eine oder andere individuelle Art vom Avatar beantwortet wird.

Man könnte auch sagen, das Chat-Programm bekäme eine viel größere Akzeptanz, wenn eine Art "KI-Lernprogramm", in dem Sinne, dass der Anwender möglichst einfach und anschaulich lernt, wie die KI funktioniert, ein fester Bestandteil dieser Software wäre.

Verstorbenen-App mit Angstreduzierung

Ein solches zusätzliches Merkmal des ursprünglichen Chat-Programms wäre dann vielleicht sogar eine eigenständige, auch wieder patentierbare "Vorrichtung und Methode zur Angstreduzierung bei der Kommunikation zwischen KI-gesteuerten Avataren von Verstorbenen und Lebenden", jedenfalls dann, wenn es so etwas nicht schon geben würde oder schon irgendwo veröffentlicht wurde und somit als "Stand der Technik" nicht mehr patentierbar wäre... Oops, zu spät smiley02

Bestimmt könnte man aber auch noch andere "technische" Möglichkeiten und Lösungen zur gerade zuvor beschriebenen "Angstreduzierung" entwickeln. Wie wäre es beispielsweise, den Entstehungsprozess des jeweiligen 2D- oder 3D-Avatars möglichst "allgegenwärtig" in die Kommunikation zwischen Betrachter, bzw. Besucher und Avatar zu integrieren.

Wenn also der Verstorbene zu seinen Lebzeiten als "Trainer" seinen Avatar trainiert, damit die Hinterbliebenen später einmal mit diesem Avatar kommunizieren können, dann sollte er sich selbst dabei filmen und die einzelnen Trainingsschritte dieses Vorgangs sehr detailliert mit vielen kürzeren oder längeren, ganz normalen Videoclips dokumentieren. Je nach Situation könnten sich jedoch auch Fotos oder Audioaufzeichnungen für die Dokumentation eignen.

Diese "Einzeldokumentationen" müssten dann auf dem Bildschirm, dem Display, innerhalb einer VR, AR oder was auch immer, in einem Extrafenster parallel zur Kommunikation mit eingeblendet werden, etwa so wie beim einem Videochat, wo ein kleines Fenster mit dem eigenen Webcam-Bild von sich selbst, oben in der Ecke zu sehen ist.

Fragt der Betrachter nun also den Avatar etwas, z.B. ob er sich noch an eine bestimmte Party erinnern kann und der Avatar dann ziemlich anschaulich erzählt, wie lustig er zu Lebzeiten auf dieser Party getanzt hat und dies sogar nahezu perfekt nachmacht, dann wäre es vielleicht weitaus weniger beängstigend für den späteren Betrachter, dabei zusätzlich einen lustigen Videoclip eingespielt zu bekommen, auf dem der "Trainer" zu seinen Lebzeiten zu sehen ist, wie er gerade seinen Avatar für die Antwort auf eben diese spezielle Frage trainierte.

Irgendwann kann man den Avatar dann vielleicht auch ohne Dokumentation, bzw. ergänzenden Videoclips betrachten. Aber sobald diese Angst zurück kommt, könnte man dann jederzeit wieder darauf zurückgreifen. Da wäre dann vielleicht auch eine Emotionserkennung mit Hilfe von Gesichtserkennung hilfreich, um automatisch den richtigen Moment zu finden, wann eine Dokumentationseinblendung nötig ist und wann nicht.

Für eine VR-Brille müsste dann allerdings eine spezielle Vorrichtung eingesetzt werden, die Emotionen erkennen kann, etwa eine Kamera für den Augenbereich und eine weitere für den Gesichtsbereich, der nicht von der VR-Brille bedeckt ist.

Oder man kombiniert diese Doppelkameravorrichtung noch mit weiteren Komponenten in Form von Sensoren, z.B. einem EEG-Stirnband oder ähnliches, um Hirnwellen bzgl. der Emotionen zu registrieren und auszuwerten, um anschließend das Ein-, bzw. Ausblenden der Dokumentationen entsprechend zu steuern.

Sensoren für weitere Körpersignale, die Angst- oder Stressreaktionen messen, etwa Sensoren für Herzschlag, Blutdruck, Körpertemperatur, usw. ließen sich wie das EEG-Stirnband, sei es nun als Erweiterung für eine VR-Brille oder für die herkömmliche Variante der Chat-Anwendung ohne VR-Brille, integrieren.

Schließlich sollte die KI nicht nur die Fähigkeit besitzen, die Persönlichkeitsmerkmale ihres "Trainers" zu lernen, sondern zur Lösung des Angstproblems auch das Angstverhalten des Betrachters, also auch ein "Profiling" des Betrachters machen, um den richtigen Zeitpunkt des Ein-, bzw. Ausblenden des Doku-Clips zu lernen.

Ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Faktor ist dabei aber auch der Datenschutz, verbunden mit dem starken Bedürfnis nach Sicherheit, dass die "Trainingsdaten" auch wirklich vom Verstorbenen selbst stammen und nicht von einer unberechtigten Person, damit kein falsches Profil des Verstorbenen von der KI erzeugt wird. Dieses Problem ließe sich jedoch durch zertifizierte Eingaben zur Sicherstellung von Authentizität und Datum lösen oder aber durch Speichern der Eingaben in einer Blockchain.

Mind-Upload

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