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Whirlwind - SAGE

Whirlwind - SAGE
Bild: CC0 ↗

Artikelserie: "Ein historischer Rückblick zur Entstehungsgeschichte des Internets"

In den USA finanzierte das Militär viele Forschungseinrichtungen und Projekte, um noch leistungsfähigere Computer zu entwickeln.

Ende 1945, als der 2. Weltkrieg in Europa bereits beendet war, die USA sich aber noch im Krieg mit Japan befanden, erhielt das MIT - Massachusetts Institute of Technology (Cambridge, Massachusetts / USA) von der US-Navy den Auftrag, ein computergesteuertes Trainingsgerät für Piloten zu entwickeln:


  • Das Trainingsgerät sollte aus einem Sitz, einem Steuerknüppel und einer Schalttafel mit verschiedenen Schaltern und Zeigern bestehen, ähnlich einem nachgebauten Cockpit.
  • Der Computer sollte die Flugbewegungen neuer Flugzeugentwürfe simulieren, indem er Servomotoren ansteuerte, die das ganze Gerät bewegten.
  • Dabei war es besonders wichtig, dass der Computer in Echtzeit, d.h. ohne Zeitverzögerung auf menschliche Handlungen der im Cockpit sitzenden Piloten reagierte.

Das MIT, das den Auftrag annahm, startete das Projekt unter der Bezeichnung Whirlwind-Projekt und der Computer erhielt den Namen "Whirlwind".

Am "Whirlwind" wurde auch ein rundes Display, der Vorläufer des Monitors, als graphisches Anzeigegerät angeschlossen.

Das Trainingsgerät war jedoch nicht mit einem heutigen Flugsimulator vergleichbar, bei dem die auszubildenden Piloten vor großen Bildschirmen sitzen, auf denen eine virtuelle Landschaft mit hochauflösender 3-dimensionaler Computergrafik gezeigt wird.

Das Display, das am Whirlwind angeschlossen war, diente nur den Technikern zur Überwachung der Funktionstüchtigkeit des Computers und zeigte technische Daten in Form von Kurvenschwankungen an.

Das einzige, was die Piloten an der Simulation wahrnahmen, waren die Bewegungen des Sitzes, der durch die Motoren vom Computer angesteuert wurde und das ganze Gerät glich eher einem Fahrrad-Hometrainer...

Die US-Navy, die das Projekt inzwischen ihrem Office of Naval Research (ONR) zuordnete, interessierte sich jedoch, nachdem auch der Krieg mit Japan endete, nicht mehr so sehr für die Weiterentwicklung eines leistungsfähigen Flugsimulators und eines dafür benötigten Computers zur Echtzeitverarbeitung.

Vielmehr sollte der Whirlwind jetzt zu einem schnellen Digitalrechner umgebaut werden, um ihn für numerische Anwendungen einzusetzen.

Dazu gehörten z.B. umfangreiche Berechnungen zur präzisen Navigation auf See, bei denen es mehr auf Genauigkeit ankam, auch wenn die Ergebnisse erst nach einigen Minuten Berechnungszeit vorlagen und weniger auf Echtzeitverarbeitung, wie bei einem Flugsimulator, der ohne Zeitverzögerung auf menschliche Handlungen reagieren musste.

Die finanzielle Förderung des Whirlwind-Projekts wurde vom ONC immer weiter reduziert und dann spätestens 1948 ganz eingestellt.

Im Jahre 1949 erhielt das US-Militär dann Berichte über Atombombenversuche in der UdSSR. Daraufhin gründete die US Air Force noch im selben Jahr ein Komitee, das ADSEC (Air Defense Systems Engineering Committee), das sich mit der Gefahr eines möglichen Angriffs auf die USA befassen sollte.

Eine wichtige Aufgabe zur Erhöhung der Sicherheit sah das Komitee in der Modernisierung des Radar-Überwachungssystems der USA, das aus mehreren Gefechtszentren mit Radareinrichtungen bestand, die über Telefonleitungen miteinander verbunden waren und zusätzlich über Funk Informationen von Aufklärungsflugzeugen erhielten.

Das Komitee erkannte, dass es mit dem bisherigen Überwachungssystem nicht möglich war, die großen Datenmengen, die im Falle eines massiven Angriffs von den Radareinrichtungen gemeldet würden, schnell genug auszuwerten und zu übertragen.

Eine Verbesserung erhoffte man sich durch die Automatisierung des Systems mit Hilfe von Computern.

Der am MIT entwickelte Computer "Whirlwind", dem man zur damaligen Zeit am ehesten zutraute, sowohl große Datenmengen zu verarbeiten, als auch aufgrund seiner Fähigkeit zur Echtzeitverarbeitung, diese auch schnell genug auszuwerten, schien am besten für diese Aufgabe geeignet zu sein.

Zusammen mit der Entwicklergruppe des Whirlwind vom MIT startete die US Air Force dann ein Experiment, bei dem mehrere Radarstationen im Gebiet von Cape Cod (eine 1.033 km² große Halbinsel im Südosten Massachusetts / USA) mit dem Whirlwind verbunden wurden, der als Zentralrechner die ankommenden Daten verarbeiten sollte.

Das Experiment verlief erfolgreich und das MIT erhielt den Auftrag, unter Führung der US Air Force, ein für die USA und Kanada flächendeckendes computergestütztes Luftverteidigungssystem zu entwickeln.

Daraufhin führte das MIT Studien durch, um zu prüfen, welche Voraussetzungen dafür nötig wären und gründete 1951 für die Entwicklung des Luftverteidigungssystems das MIT-Lincoln Labor (oft nur "Lincoln" genannt) am Hanscom Luftwaffenstützpunkt in Lexington, Massachusetts.

(Der Name "Lincoln" wurde gewählt, weil das Labor in der Nähe der Städte Bedford, Lexington und Lincoln lag und für andere militärische Projekte die Namen "Project Lexington" und "Project Bedford" bereits vergeben waren.)

Am Lincoln wurde dann der Plan entwickelt, die USA und Kanada in 46 Luftsektoren mit je einem Führungszentrum einzuteilen.

In jedem Führungszentrum sollte ein Whirlwind als Zentralrechner die ankommenden Daten der Radarstationen seines jeweiligen Luftsektors verarbeiten. Die Zentralrechner der Führungszentren sollten über Telefonleitungen zur digitalen Datenübertragung miteinander verbunden sein.

Das so strukturierte Luftverteidigungssystem erhielt zuerst den Namen "Lincoln Transition System" (Lincoln Übergangs-System).

Der Whirlwind sollte auch noch weiter verbessert werden, insbesondere in Bezug auf seine Zuverlässigkeit, denn die Computer der Führungszentren sollten möglichst nur wenige Stunden im Jahr durch Reparatur- und Wartungsarbeiten ausfallen.

Die bisherige Version des Computers wurde nun als Whirlwind I bezeichnet, die neue verbesserte Version als Whirlwind II und aus der Entwicklergruppe des Whirlwind-Projekts wurde die Whirlwind II-Gruppe gebildet.

Neben dem Lincoln beteiligten sich auch Industrie-Unternehmen am Aufbau und der Entwicklung des Luftverteidigungssystems, wie z.B.:

  • Western Electric, zuständig für den Bau eines Kraftwerks für jedes Zentrum und Wartung der technischen Anlagen
  • AT&T (die größte amerikanische Telefongesellschaft), für die fehlerlose Datenübertragung zwischen den Zentren
  • Burroughs Corporation, für die Verbesserung des Radars

Da 46 Computer der Serie "Whirlwind II" benötigt wurden, kontaktierte die Whirlwind II-Gruppe verschiedene Computerhersteller, von denen IBM als Kooperationspartner ausgewählt wurde.

IBM nahm den Auftrag an und begann damit, in enger Zusammenarbeit mit der Whirlwind II-Gruppe, erst einmal zwei Prototypen des neuen Computers zu entwickeln, die den hohen Ansprüchen eines flächendeckenden Luftverteidigungssystems entsprechen sollten.

Dabei wurde auch der Name des Computers geändert, der nun nicht mehr "Whirlwind II" heißen sollte, sondern die militärische Typenbezeichnung AN/FSQ-7 erhielt.

Im Jahr 1954 wurde dann beschlossen, das Luftverteidigungssystem noch um 3 Kampfzentren (Hauptquartiere, in denen die Daten der Führungszentren gesammelt wurden) zu erweitern und umzubenennen in SAGE (Semi-Automatic Ground Environment Air Defense System: "halb-automatisches Boden-Umgebung Luftverteidigungssystem").

1955 hatte IBM die zwei Prototypen des neuen "AN/FSQ-7" mit den Bezeichnungen XD-1 und XD-2 fertig gestellt. Der AN/FSQ-7 (XD-1) wurde im Lincoln und der AN/FSQ-7 (XD-2) bei IBM in Poughkeepsie im Staat New York installiert.

Daraufhin erhielt IBM von der US Air Force den Folgeauftrag, mit der Produktion der benötigten Computer für die Führungszentren und die Kampfzentren zu beginnen.

Die Anzahl der Luftsektoren mit je einem Führungszentrum wurde allerdings aus Kostengründen von 46 auf 23 gesenkt, sodass entsprechend weniger Computer der Serie "AN/FSQ-7" gebaut werden sollten.

Für die 3 Kampfzentren sollten drei Computer unter der Bezeichnung AN/FSQ-8 gebaut werden, die im Gegensatz zum AN/FSQ-7 ein verbessertes Displaysystem hatten, da die Kampfzentren ein weitaus größeres Gebiet analysieren mussten.

Die Entwicklung der Software unterlag Lincoln. Auch für diesen Bereich suchte man einen Kooperationspartner. IBM lehnte es jedoch ab, die Programmierer zu stellen, da man dort befürchtete, zu viele Fachkräfte nach dem Projekt entlassen zu müssen.

Stattdessen erhielt Lincoln Unterstützung von einer Organisation, die bereits 1946 von der US Air Force gegründet wurde, der RAND-Corporation (Research and Development), die viele Wissenschaftler, Mathematiker, Informatiker und Techniker beschäftigte.

Die RAND-Corporation, oder einfach nur "RAND" betrieb als so genannte Denkfabrik militärisch strategische Studien und arbeitete seit 1948 als gemeinnützige Non-Profit-Organisation, sowohl beratend für das Militär, betrieb aber auch bis in die heutige Zeit viele Studien zu sozialen, kulturellen oder wissenschaftlichen Themen im zivilen Bereich.

Zunächst waren es nur wenige Fachkräfte, die von der Denkfabrik RAND damit beauftragt wurden, mit Lincoln zusammenzuarbeiten, bald stieg jedoch der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern, sodass RAND noch im Jahre 1955 für die Entwicklung der Software eine Entwicklungs-Abteilung gründete, die System Development Division (SDD).

1957 wurde die SDD von RAND abgespalten und aus ihr wurde die eigenständige System Development Corporation (SDC) mit Sitz in Santa Monica, Kalifornien / USA gebildet.

Die ARPA und das "Intergalaktische Netzwerk" »


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