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Direkte Gedankenübertragung per Internet

Gedankenübertragung
© Anita Neuron / cogniclipstudios.com

Laut einer im September 2015 in der Fachzeitschrift "PLOS ONE" veröffentlichten Studie ↗ gelang einem Forscherteam der Universität Washington eine direkte Gedankenübertragung zweier Testpersonen, indem Hirnaktivitäten der einen Person gemessen und per Internet zur zweiten Person gesendet wurden, die diese mit Hilfe einer Magnetspule empfangen und im Rahmen eines einfachen Frage-Antwortspiels als Antworten wahrnehmen konnte.


Eine Gedankenübertragung von einer Person zur anderen geschieht üblicherweise nur indirekt, etwa mit Hilfe von Sprache, um anderen die eigenen Gedanken mitzuteilen oder auch schriftlich per Briefpost oder Email. Eine erweiterte Form der Gedankenübertragung, wobei der Begriff "Gedanken-Mitteilung" wohl gebräuchlicher wäre, bietet die Kunst. Ein Bild sagt bekanntlich mehr als tausend Worte und kann Gefühle und Stimmungen zum Ausdruck bringen, wie es mit reinen Sprach- oder Textbotschaften nicht möglich wäre. Ähnliches gilt für die Musik.

Eine direkte Gedankenübertragung, wie etwa beim "Gedankenlesen", der Telepathie, ist ohne technische Hilfsmittel, jedenfalls aus wissenschaftlicher Sicht, nicht möglich. Und das ist auch gut so, wenn es beispielsweise um den Schutz der Privatsphäre geht. Wer möchte schon, dass andere, ohne das eigene Einverständnis, Einblicke in die eigenen, privaten Gedanken und Gefühle erhalten, die sich geschützt, ohne die Möglichkeit eines Zugriffs von außen, nur im eigenen Gehirn befinden.

Dennoch suchen Wissenschaftler seit Jahrzehnten nach genau diesem Zugang, denn die Anwendungsmöglichkeiten, immer das Einverständnis aller Beteiligten vorausgesetzt, wären phantastisch. Man stelle sich nur einmal vor, man könnte bei einer Kommunikation über die sozialen Netzwerke mit seinen Freunden oder Bekannten, seine Gedanken und gleichzeitig die damit verknüpften persönlichen Emotionen mitteilen, ohne darauf angewiesen zu sein, irgendwelche Emoticons oder Smileys verwenden zu müssen oder zu versuchen, die eigenen Gefühle und Emotionen möglichst präzise in Worte und Sätze zu fassen, beides Methoden, die immer nur ein unvollständiges Abbild der Gefühle sind, niemals jedoch diese selbst.

Stattdessen würden die Gedanken und Emotionen direkt aus dem eigenen Gehirn irgendwie in digitale Signale umgewandelt, per Internet übertragen und beim Empfänger auch wieder direkt in dessen Gehirn gesendet, sodass dieser nun die empfangenen Gefühle genauso fühlt wie sein Absender. Wieviel Streit und sogar Kriege könnten verhindert werden, wenn die Menschen in der Lage wären, ihre natürliche, begrenzte Fähigkeit, sich in die Gemütslage ihrer Mitmenschen hineinzuversetzen, durch neue Technologien derart erweitert werden könnte, dass ein sich gegenseitiges Verstehen nicht mehr durch Missverständnisse, insbesondere auf der emotionalen Ebene, blockiert wäre.

Alles nur Science-Fiction? Nun ja, fast alles! Denn die Kommunikation auf emotionaler Ebene ist ein Forschungsfeld, in das besonders die Betreiber der großen sozialen Netzwerke viel Geld investieren. Hierbei geht es zunächst einmal jedoch um die Emotionserkennung anhand von Mimik, Gestik oder Schwankungen in der Tonlage der Stimme des Nutzers, allesamt Informationen, die einfach mit Hilfe von Kameras und Mikrofonen erfasst werden können. Bei der Verarbeitung dieser Daten soll dann das sogenannte "Deep-Learning" angewendet werden, eine effiziente Art des Maschinenlernens, bei der riesige Datenmengen statistisch ausgewertet werden, um höhere Trefferquoten zu erzielen, wenn die Software neue, noch unbekannte Daten in passende Kategorien einordnen soll. So lernt die Software ziemlich schnell, etwa bestimmte Gesichtsausdrücke des Nutzers seiner jeweiligen Stimmungslage zuzuordnen, kann Rückschlüsse auf seine Gefühle und Emotionen während der Kommunikation ziehen und die Ergebnisse dieser Analyse dann den anderen an der Kommunikation beteiligten Nutzern in Form von Zusatzinformationen mitteilen.

Das hat alles aber noch nichts mit einer direkten Gedankenübertragung von Gehirn zu Gehirn per Internet zu tun. Einen ersten Schritt in diese Richtung gelang nun einem Forscherteam der Universität Washington in einem Experiment.

In diesem Experiment spielen zwei Teilnehmer (z.B. "Bob" und "Alice") ein einfaches Frage-Antwortspiel mit 20 Fragen. Beide Teilnehmer befinden sich in unterschiedlichen Gebäuden und schauen jeweils auf ihren eigenen Bildschirm. Bob wird nun ein Begriff aus einer bestimmten Kategorie mitgeteilt (z.B. aus der Kategorie "Tier", der Begriff "Hund"). Nur Bob sieht diesen Begriff auf seinem Bildschirm. Alice sieht den Begriff nicht. Sie kennt zwar die Kategorie (in diesem Fall "Tier"), weiß aber nicht, um welches Tier es sich handelt. Das muss sie erst noch herausfinden. Dazu sieht Alice auf ihrem Bildschirm verschiedene Fragen, z.B. "Kann es fliegen?" oder "Ist es ein Säugetier?" oder "Ist es ein Haustier?", usw. Bob sieht diese Fragen noch nicht auf seinem Bildschirm. Er sieht weiterhin nur den Begriff "Hund". Von den Fragen kann sie per Mausklick eine auswählen, die anschließend auch Bob auf seinem Bildschirm sieht. Bob soll diese Frage nun mit "Ja" oder "Nein" beantworten. Danach soll Alice die nächste Frage auswählen, die Bob dann auch wieder beantworten soll, usw.

Wenn Bob die Frage von Alice nun mit "Ja" oder "Nein" beantworten möchte, kann er dies jedoch nicht per Mausklick, sondern er soll stattdessen seine Aufmerksamkeit auf eine von zwei LED-Lampen richten, die jeweils rechts (für "Nein") und links (für "Ja") am Rand außerhalb seines Bildschirms angebracht sind. Außerdem werden Bob´s Hirnaktivitäten per EEG (Elektroenzephalografie) gemessen. Dazu trägt Bob eine Art Badekappe auf den Kopf, mit eingenähten Elektroden, von denen über Kabel Signale seiner Hirnwellen in Form von elektrischen Spannungsschwankungen an der Kopfoberfläche registriert werden.

Das Leuchten der LED-Lampen ist in Wirklichkeit ein sehr schnelles Blinken mit einer Frequenz von 12 Hertz für die "Nein"-LED-Lampe und 13 Hertz für die "Ja"-LED-Lampe. 12 oder 13 Hertz bedeutet, dass die LED-Lampen 12 mal, bzw. 13 mal pro Sekunde aufblinken. Das ist so schnell, dass das menschliche Auge diesen geringen Unterschied nicht wahrnimmt und das Blinken als ständiges, leicht flimmerndes Licht sieht. In den vom EEG gemessenen Hirnwellen kann jedoch ein Unterschied registriert werden, je nachdem, ob Bob nun seine Aufmerksamkeit auf die "langsam" flimmernde "Nein"-Lampe richtet oder auf die "schnell" flimmernde "Ja"-Lampe.

Diese Signale von Bob´s Hirnwellen werden nun per Internet zu Alice gesendet. Alice empfängt die Signale über eine Magnetspule, die ein Magnetfeld erzeugt, das auf ihren Hinterkopf ausgerichtet ist, genauer gesagt auf den Bereich ihres Hinterkopfes, wo sich in ihrem Gehirn der visuelle Cortex (das Sehzentrum) befindet. Lautet Bob´s Antwort "Nein", dann erzeugen seine zu Alice gesendeten Hirnwellen in ihrer Magnetspule ein etwas anderes Magnetfeld, als bei "Ja". Das je nach Bob´s Antwort unterschiedliche Magnetfeld erzeugt in Alice´s Sehzentrum wiederum eine sogenannte "Phosphenwahrnehmung", wodurch sie Bob´s Antwort als "Ja" oder "Nein" unterscheiden kann. Eine "Phosphenwahrnehmung" ist ein visueller Sinneseindruck, der sich in Form von Lichtblitzen oder farbigen Flächen äußert, ähnlich einem Augenflimmern, das auch bei geschlossenen Augen vorkommen kann.

Die Methode, mit Hilfe starker Magnetfelder bestimmte Bereiche des Gehirns zu stimulieren, wird auch als "transkranielle Magnetstimulation" (TMS) bezeichnet, die in diesem Experiment eine Phosphenwahrnehmung erzeugte. Genauso kann die TMS aber auch andere Bereiche des Gehirns stimulieren, diese auch hemmen oder sogar die Wahrnehmung von Geräuschen oder Gerüchen erzeugen. Für die Entwickler zukünftiger Anwendungen für die Kommunikation auf emotionaler Ebene, ein Forschungsbereich, bei dem es bisher hauptsächlich um die Emotionserkennung anhand von Mimik, Gestik oder Schwankungen in der Tonlage der Stimme des Nutzers geht, bieten die Forschungsergebnisse, die mit Hilfe einer Kombination von EEG und TMS erzielt werden, ganz neue Möglichkeiten, denn Gedanken und Emotionen bestehen zum größten Teil aus einem Zusammenspiel vieler Sinneseindrücke.

Bis diese Technik so weit entwickelt ist, dass sie beispielsweise in Form einer neuartigen "Emotions-App" massenhaft genutzt wird, ist wohl nur noch eine Frage der Zeit und liegt vielleicht jetzt bereits näher an der Realität als im Bereich der Science-Fiction, wobei eines jedoch mit Gewissheit schon Realität ist: Und zwar die Diskussion über die Risiken. Die totale Überwachung, der "gläserne Mensch" oder Hacker, die eine Übertragung der Emotionen abfangen und diese manipulieren könnten, wären da zu nennen.

Reale Gefahren, auf die es aber auch reale Reaktionen gibt, sowohl von Seiten der Entwickler und des Staates, als auch der Nutzer. Während die Entwickler nach technischen Lösungen suchen, indem sie beispielsweise immer bessere Verschlüsselungstechniken einsetzen, um ihre Systeme abzusichern, werden von staatlicher Seite gesetzliche Bestimmungen erlassen, die den Nutzern mehr Kontrolle über ihre eigenen Daten gewährleisten sollen. Alles wichtige Maßnahmen, die zwar keine hundertprozentige Sicherheit bieten können, den Schutz der Nutzer aber dennoch erhöhen. Der entscheidende Schritt für mehr Sicherheit kommt jedoch von den Nutzern selbst, die einfach bewusster entscheiden, welche persönlichen Daten sie überhaupt und für welchen Personenkreis veröffentlichen möchten und die immer mehr bereit sind, die neueste Verschlüsselungssoftware auch zu benutzten oder politische Organisationen oder Parteien zu unterstützen, die sich für mehr Datenschutz einsetzen.

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