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KI-Smartphone-Kameras und Emotionserkennung

KI-Smartphone-Kameras und Emotionserkennung
© Anita Neuron / cogniclipstudios.com

Auf Google´s Entwicklerkonferenz "Google I/O 2017" wurden neue KI-Anwendungen für den Endverbraucher präsentiert, wie etwa "Google Lens", eine Funktion für Smartphone-Kameras, die auf dem Display Zusatzinformationen zeigt. Um Gesichts- oder Emotionserkennung ging es dabei aber nicht, ein Thema für das sich jedoch immer mehr Anbieter von Video-Überwachungssystemen interessieren.


Da ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis auch Smartphone-Apps, die nicht nur Gesichts-, sondern auch Emotionserkennung ermöglichen, massenhaft verwendet werden. Nur wie sieht es dann mit der Privatsphäre aus? Ebenso spannend wie die technische Entwicklung dürfte daher die Diskussion rund um das Thema Datenschutz werden.

Wirklich "neu" sind Entwicklungen und Anwendungen aus dem Bereich Gesichts- und Emotionserkennung allerdings nicht, wie am Beispiel der Forschungen des Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (kurz: "Fraunhofer IIS") deutlich wird:

Bereits 1998 entwickelte man dort das Gesichtserkennungssystem "SESAM", das im Institut dazu diente, den Mitarbeitern Zugang zum Institut zu gewähren. Dieses System war jedoch häufig fehleranfällig, etwa wenn die betreffende Person sich bewegte, denn es kam besonders darauf an, sich exakt vor dem Eingangsterminal zu positionieren.

Daher begann man dort mit den Arbeiten an der Gesichts- und Mimikdetektion, die trotz Störquellen, wie sich verändernde Lichtverhältnisse oder wechselndem Hintergrund, oder eben wenn die Person sich bewegt, zuverlässig funktionieren sollte. Auf der CeBIT 2001 in Hannover stellten die Forscher vom Fraunhofer IIS dann ein Computersystem vor, das als so genannter "virtueller Spiegel" in der Lage war, Gesichter zu erkennen, und das die Grundlage für weitere Anwendungen liefern sollte, die auf Sprache, Stimme und Gesichtsausdruck reagieren können ("Computer erkennt Gesichter - bild der wissenschaft ↗" 11.03.2001).

Im Jahre 2007 berichteten verschiedene Medien, unter anderem auch das Online-Magazin "heise online", dass eine am Fraunhofer IIS entwickelte Software Gesichter auf Videobildern in Echtzeit erkennt und deren Stimmung analysieren kann ("Software liest Emotionen aus den Gesichtszügen | heise online ↗" 04.07.2007). Dabei verglich die Software bis zu 30.000 Stimmungsmerkmale im Gesicht mit bereits gespeicherten Informationen.

Schon damals wurden Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes geäußert, die jedoch vom Institut als unbegründet zurückgewiesen wurden, da die Daten nur für rein statistische Zwecke verwendet werden sollten. Vorstellbar wäre etwa, mit Hilfe eines solchen Systems die Benutzerfreundlichkeit von Software zu testen, indem die Gesichtsfeinanalyse den Nutzer beobachtet, um herauszufinden, bei welchen Prozessen dieser beispielsweise besonders erregt reagiert. Möglich wäre es auch, die Aufmerksamkeit eines Autofahrers zu prüfen.

Auf der CeBIT 2009 präsentierte das Institut dann seine Bildanalysesoftware "SHORE" (Sophisticated High-speed Object Recognition Engine), die auf der Messe ein interessiertes Publikum fand. In einer Pressemitteilung des Fraunhofer IIS ↗ vom 26.02.2009 wies das Institut insbesondere auf mögliche Anwendungsszenarien ihrer Software für Marktforscher und Werbepsychologen hin. So könne etwa versucht werden, mit Hilfe von Testsehern und Probanden zu erfahren, wie Plakate, Schaufenster und Werbespots angenommen werden.

Auch auf der CeBIT 2011 war das Fraunhofer IIS wieder vertreten und präsentierte dort auch wieder seine Gesichts- und Mimikdetektionssoftware "SHORE", diesmal in Kombination mit neuen Anwendungen für die Videokommunikation über den Fernseher und für bewegungsgesteuerte Spiele, wobei die Software die Bewegungen der Spieler erkennen konnte (Pressemitteilung des Fraunhofer IIS ↗ vom 25.02.2011).

Für bedeutend mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zum Thema "Gesichtserkennung", insbesondere hinsichtlich neuer Bedenken, was den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre betrifft, sorgte allerdings im Jahre 2012 das US-amerikanische Unternehmen "Google", als es sein umgangssprachlich als "Datenbrille" bezeichnetes tragbares Computersystem "Google Glass" vorstellte, denn damit wäre es möglich, unauffällig die Umgebung des Trägers auszuspionieren und alle Aufzeichnungen sämtlicher Nutzer auf die konzerneigenen Server des Unternehmens zu übertragen.

Eine weitere beängstigende Vorstellung war es, dass es theoretisch möglich wäre, dass jeder Träger einer solchen Datenbrille mit Hilfe einer Gesichtserkennungs-Software sofort die Identität von fremden Personen erkennen kann, denen er beispielsweise auf der Straße begegnet, etwa indem deren persönliche Profilseiten ihrer sozialen Netzwerke in Form von Zusatzinformationen auf dem Display der Datenbrille des Trägers erscheinen.

Datenbrillen waren und sind jedoch auch in vielen Bereichen sehr nützlich und durchaus erwünscht, jedenfalls solange diese nicht im öffentlichen Raum getragen werden oder wenn in geschlossenen Räumlichkeiten alle anwesenden Personen mit ihrer Nutzung einverstanden sind, bzw. die Datenbrillen nur die jeweils gewünschten Funktionen haben.

So können beispielsweise Arbeitskräfte, die beim Zusammenbau komplizierter Maschinen oder bei der Bedienung oder Wartung von Industrieanlagen Hilfe oder Anweisungen von anderen Fachkräften benötigen, die sich jedoch an einem entfernten Ort befinden, diese Informationen in Form von Sprache, Bildern, Konstruktionsplänen oder 3D-Computer-Animationen nicht nur über ein Smartphone, sondern mit Hilfe von Ohrhörern für die Sprach- und einer Datenbrille für die Bildinformationen erhalten. Die Arbeitskraft hätte so die Arme und Hände frei für die Tätigkeit.

In geschützten Umgebungen oder ohne die Möglichkeit, unberechtigt persönliche Daten weiterzuleiten, können Datenbrillen aber auch in Kombination mit Gesichts- oder sogar Emotionserkennungs-Software sehr nützlich sein. Das dachten sich wohl auch die Forscher des Fraunhofer IIS, als sie 2014 bekannt gaben, sie hätten ihre Software "SHORE" nun für die Übertragung auf "Google Glass" optimiert.

Das Fraunhofer IIS zeigt seine Software zur Gesichtsdetektion und -analyse "SHORE" im Jahre 2014 erstmals als App auf Googles Datenbrille "Glass".

Shore_Google_Glass_happy

© Fraunhofer IIS/Jens-Uwe Garbas

Die App detektiert Gesichter, erkennt deren Emotionen und schätzt das Alter. Dieses YouTube-Video ↗ (engl.) von 2014 zeigt "SHORE" in Action...

In einer Pressemitteilung des Fraunhofer IIS ↗ vom 27. August 2014 erklärte das Institut, dass sich dadurch nun ein ganzes Spektrum an neuen Anwendungen für Datenbrillen eröffnen würde, z. B. als Hilfsmittel zur Kommunikation für Personen mit Erkrankungen aus dem autistischen Spektrum, da viele Autisten Probleme damit haben, den emotionalen Gehalt eines Gesichtsausdrucks zu interpretieren. Diese fehlende Information könnte dann mittels Datenbrille in das Gesichtsfeld eingeblendet werden.

Außerdem wies das Institut insbesondere darauf hin, dass die Identifizierung von Personen mit der Software nicht möglich ist, da alle Berechnungen in Echtzeit auf der CPU der Datenbrille stattfinden und die Bilddaten somit nicht das Gerät verlassen. Daher sei die Privatsphäre zuverlässig geschützt.

Dieses Konzept, neue Anwendungen für Datenbrillen zu entwickeln und gleichzeitig den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten, steigerte das Interesse an den Forschungsarbeiten an der Gesichts- und Mimikdetektion des Fraunhofer IIS enorm und wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit als großer Erfolg angesehen.

Nicht soviel Vertrauen in den Schutz der Privatsphäre, hatten hingegen viele Menschen bei Herstellern von Anwendungen für Datenbrillen, wenn diese nicht den strengen deutschen Datenschutzrichtlinien unterliegen, beispielsweise Hersteller aus den USA. Das war wohl auch einer der Gründe, warum Google im Jahre 2015 warum Google im Jahre 2015 den Verkauf von "Google Glass" einstellte, denn für einen Massenmarkt fehlte einfach die Akzeptanz in der Öffentlichkeit.

Für die am Fraunhofer IIS entwickelte Software "SHORE" bedeutete das aber keinesfalls das Ende, denn die lässt sich auch für Datenbrillen anderer Hersteller oder für Smartphones verwenden. So ist etwa auf den Internetseiten des Fraunhofer IIS zu lesen, dass an einer "Videobasierten Schmerzerkennung mit Hilfe von SHORE ↗" gearbeitet wird, um beispielsweise Schmerzzustände bei Menschen zu erkennen, die sich aufgrund eines Schlaganfalls oder einer dementiellen Erkrankung nicht so einfach äußern und ihre Gefühle ausdrücken können. Damit könnte etwa einer unzureichenden Medikation mit Schmerzmitteln entgegengewirkt werden.

Gesichts- und Emotionserkennungs-Software auf dem Vormarsch

Schlagzeilen machten 2017 Medienberichte über die Supermarktkette "Real" und die "Deutsche Post", die beide in einigen ihrer Filialen den Einsatz von Gesichts- und Emotionserkennungs-Software testen, um ihren Kunden zielgerichtete Werbung anbieten zu können.

Wie das Online-Magazin "Golem" in seinem Artikel "Gezielte Werbung: Deutsche Post testet Gesichtserkennung in Filialen - Golem.de ↗" vom 12.4.2017 berichtete, wird auf Seiten der Datenschützer allerdings noch darüber diskutiert, wie weit die Kunden darüber informiert werden müssen.

Spiegel-Online berichtete in einem Artikel vom 29.05.2017: Gesichtsanalyse: Händler testen Kunden im Kassenbereich - SPIEGEL ONLINE ↗
"Männlich, etwa 45 Jahre alt: In einigen Real-Supermärkten analysieren Kameras die Gesichter von Kunden. Datenschützer halten das für problematisch. Trotzdem prüfen andere Händler den Einsatz..."

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